Am 19.05.2015 besuchte eine Gruppe von 18 Studenten und Jungingenieuren im Rahmen des Kongresses der Studenten und Jungingenieuren in Düsseldorf den CHEMPARK in Leverkusen.
Bevor wir uns in das geordnete Durcheinander aus Rohrleitungen, Verladestationen und chemisch-pharmazeutischen Unternehmen begeben durften, erhielten wir einen Überblick über die angesiedelten Unternehmen, die, für uns alle sehr überraschenden, Ausmaße des Parks und die Infrastruktur anhand eines Modells. Auf einer Größe von 11 km2 ist er einer der größten Chemieparks in Europa und es siedeln hier ca. 70 Unternehmen und Dienstleister der chemischen Industrie im engen Verbund und nutzen die gegebenen Synergien. Der CHEMPARK steht unter einer Gesamtleitung, der Betreiber des CHEMPARKs ist die Currenta GmbH & Co. OHG, ein Unternehmen, welches aus der Bayer Industry Services GmbH & Co. OHG hervorgegangen ist. Trotz der Tatsache, dass inzwischen nicht mehr nur die Bayer AG Teil des CHEMPARKS ist, ist das riesige Bayer-Emblem zum Wahrzeichen des Standorts geworden. Der CHEMPARK an sich ist, was nur anhand des Modells erkennbar ist, sehr strukturiert in einzelnen Reihen und Rohrleitungen aufgebaut, so dass die Synergien der Unternehmen und die Infrastrukturen von Rhein, Schiene und Straße optimal genutzt werden können.
In oberirdischen Rohrleitungen werden zum Beispiel chemisch-pharmazeutische Intermediate, sowie andere chemisch hergestellte Stoffe transportiert. Die Rohrleitungen unter der Erde sind vor allem zur Rückführung des Kühl- und Verbrauchwassers in den Rhein gedacht. Dabei sorgt ein kompliziertes System an Filtern und Schleusen dafür, dass kein kontaminiertes Wasser in den Rhein gelangt. Dies ist bis dato auch noch nie der Fall gewesen. Um bei Hochwasser im Rhein einen Rückstau des Abwassers zu vermeiden sind die Zuflussrohre am Ende verbreitert und das Wasser wir über dem Level des Rheins zugeleitet.
Nach diesem sehr interessanten Überblick waren wir alle gespannt, was uns auf der Bustour durch den Park erwartet. An den verschiedensten Stellen wurde zunächst deutlich, dass die Sicherheit für Industrie, Mensch und Umwelt ein wichtiger Bestandteil des Konzeptes ist. Zuallererst wurden wir anhand unserer Personalausweiße überprüft und erhielten erst danach eine Einfahrtserlaubnis und gesondert die Erlaubnis im CHEMPARK den Bus zu verlassen. Damit wird unberechtigtes Eindringen vermieden. Zur Überprüfung der Luft angestellte Mitarbeiter des Parks haben die Aufgabe, die Luft mittels Messgeräten und auch der eigenen Nase fortlaufend nach verdächtigen Gerüchen zu überprüfen. Bei der Verladung von hochgefährlichen Chemikalien, wie zum Beispiel Flusssäure, wurden Plastikwände eingezogen, um lebensgefährliche Verletzungen vorbeigehender Arbeiter auszuschließen. Sollten Beschwerden der Anwohner auf Grund Verschmutzungen z.B. ihres Balkons wegen Luftverschmutzung erfolgen, wird sofort ein Notfallplan eingeleitet und alle relevanten Stellen des CHEMPARKS dahingehend überprüft.
Der erste Stopp auf unserer Tour, vorbei an hochsterilen Laboratorien, Verladestationen und chemischen Anlagen, war dann das Hochregallager des CHEMPARKS. Hier werden vollautomatisch, nach Bestelleingang, die richtigen Arzneimittel und Chemikalien an die richtige Stelle transportiert und von dort weiterverladen oder ausgeliefert.
Nachdem wir uns bereits an den Anblick der geschlossenen Rohrleitungen und chemisch-pharmazeutischen Unternehmen gewöhnt hatten, wurden wir von, an uns in offenen Rohrleitungen vorbeiziehenden, Seekabeln überrascht. Dies war für uns zunächst nicht erklärbar, da diese Kabel eher weniger mit der chemischen Industrie einhergehen. Die Erklärung hierfür ist allerdings relativ simpel: dieses Unternehmen ist das jüngste Mitglied des Verbundes und die Nähe zum Rhein war der ausschlaggebende Faktor für den Standort. Da die Kabel zu schwer und zu unhandlich zur Verladung in LKWs sind, werden sie oberirdisch über den CHEMPARK transportiert, um am Ende in den Verladeraum eines auf dem Rhein wartenden Schiffes zu fallen. Eine Frage, die jeden von uns brennend interessierte war die Müllverwertung des CHEMPARKs.
Hierzu fuhren wir ein paar Kilometer weiter in einen anderen zugehörigen Teil des CHEMPARKS. Zwischen den Mülllastern und -kippern fielen wir mit unserem Reisebus etwas aus der Reihe. Beim Befahren des Müllbergs des CHEMPARKS wurden wir zunächst durch eine Desinfektionsanlage geleitet, die die Reifen der Bus zur Sicherheit mit Desinfektionsmittel besprühte. Der Berg baut sich immer weiter in die Höhe aus einem Netzwerk von abbaubaren Trennmatten, Sand- und Lehmschichten, sowie zerkleinerten organischen Abfällen. Im Moment hat sich ein Berg von ca. 38m entwickelt, welcher aber zur Sicherstellung der vorherrschenden klimatischen Verhältnisse in der Umgebung nicht höher als 65m werden darf. Was brennbar ist, wird verbrannt und die Wärme als Prozesswärme dem CHEMPARK rückgeführt. Jeder der Exkursionsteilnehmer, der einen Teil seines Berufs- und Studienlebens in Laboren verbrachte, war begeistert von den Dimensionen der Trenn- und Destillationsapparaturen, die mit den Labormaßstäben noch wenig zu tun hatten.
Nachdem die Synergien, Transportwege und die Müllverwertung geklärt waren, blieb zum Schluss noch die Frage nach der Energieversorgung.
Daher fuhren wir als nächstes in Richtung des Kohlekraftwerks, welches 60% der für den Park benötigten Energie produziert. Auf Grund der Reduzierung der Lärmbelästigung für den Mitarbeiter sind dort alle Pumpen und Turbinen in eigens dazu angefertigten Schutzhüllen verpackt. Als Rarität findet man im Kraftwerk eine MAN Turbine aus den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts, welche bei der nächsten Revision aus dem Betrieb genommen wird, da keine Mitarbeiter auf dem Markt verfügbar sind, die diese Maschine bedienen und warten können. Nach dem Blick in den Brennkessel, der zwecks Revision und Wartung außer Betrieb genommen war, gab es die Möglichkeit sowohl in eine der älteren und nicht mehr bedienten Schaltzentralen, wie auch, im direkten Vergleich, in die neue, mit hochmodernen Prozessleitsystemen ausgestattete Schaltzentrale einen Blick zu werfen. Die Vergrößerung des Kraftwerks wurde zunächst gestoppt, da seit den 2000er Jahren der Energiebedarf stetig sinkt. Zum einen spielen die Verlagerung der Standorte in andere Länder eine Rolle, zum anderen aber natürlich auch der effizientere Umgang mit Energie und die Umgestaltung energieintensiver Prozesse.
Natürlich ließen wir uns alle die anschließende Fahrt auf das Dach des Kraftwerks nicht entgehen. Der uns alle sehr beeindruckende Blick von oben über den CHEMPARK zeigte in aller Deutlichkeit noch einmal die Dimension aus Rohrleitungen, dampfenden Schornsteinen und chemischen Anlagen.
Es war für uns alle ein sehr spannender Einblick in die Chemieindustrie und ihrer Synergien mit anderen Unternehmen und Prozessen. Das Nebeneinander aus hochsterilem pharmazeutischem Arbeiten und lebensgefährlichen chemischen Reaktionen, die ökologische Verwertung von Abfällen und die Nutzung aller Abwärme zur Energieversorgung des CHEMPARKS machen deutlich, wie die verschiedenen technischen Gebiete zusammenarbeiten können, um effiziente und ökologisch sinnvolle Prozesse zu gestalten.